Und kein Ende… oder doch?

Meine Auseinandersetzung mit dem Pipi von Pipifax und dem wunderlichen Fritz nimmt kein Ende. Nicht zuletzt, weil die beiden Herren keine Ruhe geben. Sondern mir stets — unter völligem Ignorieren meiner Antworten, Entgegnungen, Erläuterungen, ja sogar Beteuerungen, ständig den gleichen Bleedsinn vorwerfen.

Ich sei ein Antisemit, denn ich hätte Fritz Haber als den Erfinder von Zyklon B bezeichnet — eine Lüge, wie der Wunderlich meint. Ein bedauerlicher Irrtum meinerseits, kann ich dazu nur sagen, der aber insofern kein großes Problem darstellt als die betreffenden Postings sowieso gelöscht wurden und ich meinem Bedauern über diesen Irrtum hier bereits öffentlichen Ausdruck verliehen habe. Aber Wunderlich hat das nicht gelesen, oder er will es nicht hören, oder es glaubt es einfach nicht, oder er hat seinen Beißreflex nicht unter Kontrolle oder was weiß denn ich, was diesen Menschen reitet.

Und ich sage auch noch einmal, dass mein Irrtum nicht nur nicht antisemitisch gemeint war; er war auch de facto nicht besonders groß, denn

  1. wurde Zyklon B ja tatsächlich in Habers Arbeitsgruppe bzw. von einem seiner früheren Mitarbeiter entwickelt, und vermutlich war Haber an den Vorarbeiten beteiligt.
  2. hätte Haber das Zyklon B ohne weiteres erfinden KÖNNEN, und ich frage mich nur, wie Wunderlich und Co dann reagiert hätten. (Ohje, das war jetzt wieder eine „antisemitische Stereotypie“, denn jetzt glaubt Wunderlich, genau zu wissen, dass ich mit diesem Ausdruck schlicht und einfach „die Juden“ gemeint habe; hab ich aber nicht; ich meine mit „Wunderlich und Co.“ einfach all jene, die ähnlich unreflektierte Positionen vertreten wie er; und auch das wird er mir nicht glauben….) Warum hätte Haber das Zyklon B erfinden können? Ganz einfach: Weil er Chemiker war, weil er davor jede Menge anderer grauslicher Gase zu grauslichen Zwecken entwickelt hat und auch noch stolz darauf war. Zyklon B war ja immerhin, als es entwickelt wurde, nur zum Töten von Insekten bestimmt. Auch nicht schön, aber in manchen Fällen vielleicht notwendig und jedenfalls kein Verbrechen gegen Menschheit und Menschlichkeit. Anders hingegen die Gase, die Haber während des Ersten Weltkriegs schuf: Das waren Kampfgase, vom ersten Tag an, nie für etwas anderes bestimmt, als Soldaten der einen Seite zu schädigen, zu töten, und das auf qualvollste Weise. Und Haber war sogar dabei, war mehrfach an der Front, überwachte die Einsätze seiner Giftgase, bezeichnete auch nach dem Krieg noch Giftgas absurderweise als „humane Waffe“ und blieb bis an sein Lebensende bei der Ansicht, er hätte nichts Böses getan. Das Nobelpreis-Komitee hat ihn ja in dieser Ansicht leider, leider sogar bestätigt, und vermutlich auch noch mancher andere. Dieser Mann ist für mich ein Kriegsverbrecher. Die hat’s ja schließlich nicht nur im Zweiten Weltkrieg gegeben. Ohje, ich hör ihn schon wieder schreien. Was schreit er? Er schreit: „Relativierung der Einmaligkeit des Holocaust durch eine Redefigur, die für gewisse Kreise typisch ist.“ Und schon wieder redet er Unsinn. Mir ist völlig klar, dass es Leute gibt — Rechtsradikale, Neonazis, Ewiggestrige und was weiß ich was –, die versuchen, die monumentale, jedes Vorstellungsvermögen übersteigende Grauenhaftigkeit des Holocaust dadurch zu relativieren, dass sie auf die Schuld der Alliierten, auf Kriegsverbrechen von amerikanischer und russischer Seite und auf eine Menge anderer Dinge hinweisen, die auch nicht schön waren. Nur: Um so etwas tatsächlich zu einer Relativierung des Holocaust — vielmehr zu einem, natürlich untauglichen, Relativierungsversuch zu machen, braucht es doch zweierlei: eine bestimmte, in bestimmter Rhetorik geäußerte Verknüpfung des Holocaust mit den genannten Tatsachen und die entsprechende, dem Sprecher nachzuweisende Intention zur Relativierung. Beides fehlt bei mir völlig. Vor allem die Motivation war schließlich eine völlig andere. Ich kam dazu ja, quasi von der anderen Seite der Geschichte, hatte mich bei der Lektüre von Edward Timms‘ Kraus-Biographie ja gerade in den Ersten Weltkrieg und die Zeit danach hineingedacht. Und Timms erwähnt dort, nachdem er ausführlich auf Haber und seine Verantwortung für die Giftentwicklung und seine Mitverantwortung für die Giftgasangriffe eingeht, etwas summarisch, dass Habers Arbeitsgruppe auch das Zyklon B entwickelt habe. Und da hab ich, leider, schlampig gelesen und daher die falsche Schlussfolgerung gezogen, es sei Haber selbst gewesen. Eingestanden, zugegeben, für mich erledigt. Nicht aber für den Wunderlich, der darauf besteht, ich hätte bewusst eine antisemitische Lüge verbreitet. Na, wenn er will, soll er. Ich werd’s überleben, weiß, wie ich’s gemeint und vor allem, wie ich’s nicht gemeint habe und weiß mich vor allem frei von antisemitischen Vorurteilen. Schade nur, dass er’s nicht weiß.
  3. Haber war also nicht gerade jemand, der von humaner Kriegsführung überzeugt war. Oder vielmehr, er hat fälschlich behauptet, die von ihm propagierte Kriegsführung mittels Gas sei human. Was Haber zum Holocaust gesagt hätte, wissen wir nicht. Vielleicht hätte der Einsatz von Zyklon B — das von seinem Mitarbeiter Walter Heerdt erfunden wurde, wie wir jetzt alle wissen — gegen Juden bei ihm zu einem Sinneswandel hinsichtlich der Berechtigung von Giftgasangriffen an der Front geführt. Und vielleicht noch zu viel größeren und grundlegenderen Wandlungen. Immerhin kamen auch einige von Habers Verwandten im Holocaust um, aber da war er schon tot; er starb ja, wir erinnern uns, 1934. Und man möge mir bitte auch hier keine antisemitischen Stereotypien unterstellen. Es ist für mich nicht ausgemacht, wie Haber auf den Holocaust reagiert hätte. Vermutlich mit Grauen, aber wissen wir das wirklich? Die Toten und Schwerstverletzten und -verätzten, die seine Gase im Ersten Weltkrieg hinterlassen haben, schienen ihm jedenfalls nicht schwer auf der Seele zu liegen. Und ich sage es noch einmal: Ich halte diesen Mann für einen Kriegsverbrecher und für ein flagrantes Beispiel einer wissenschaftlichen moral insanity, die in ähnlicher Weise bei einer Menge Wissenschaftler unter dem Naziregime vorhanden war und die bekannten Resultate gezeitigt hat. Und mir deshalb Antisemitismus zu unterstellen, weil ich diesen Mann angreife, der eben zufällig auch Jude war, finde ich völlig daneben. Und ob er das Zyklon B nun selbst erfunden hat oder nicht (wir wissen: er hat nicht), das wird für mich in diesem Kontext eigentlich zum Detail. Ich sage ja auch nicht, dass Walter Heerdt wegen der Erfindung von Zyklon B ein Kriegsverbrecher war. War er nicht. Er dürfte später bei den Nazis auch eher angeeckt sein und wollte schon zuvor mit einer militärischen Anwendung der von ihm erfundenen Gase nicht in Verbindung gebracht werden. Heerdt überlebte den Krieg und wurde 1946 wieder Direktor der DEGESCH. Die Erfindung des Zyklon B (die ja in Wirklichkeit gar nicht die Erfindung eines neuen Gases war, sondern es handelte sich um Zyanidgas, das längst bekannt war; neu war nur das Verfahren, mit dem Zyanid in einen Trägerstoff, Kieselgur, eingebracht wurde, aus dem es dann nach Freisetzung langsam wieder herausdampfte) hatte also per se einmal nichts mit irgendwelchen Kriegsverbrechen zu tun. Aber Haber war dennoch ein Kriegsverbrecher. Und natürlich nicht wegen Zyklon B. Aber wenn es Zyklon B im Ersten Weltkrieg schon gegeben hätte und wenn es sich für den Einsatz an der Front geeignet hätte, dann hätte Haber es genauso bedenkenlos den deutschen Militärs in die Hand gegeben, wie er das mit Chlorgas und mit Senfgas getan hat. Mittlerweile sollte das so klar sein, dass selbst Fritz Wunderlich es begreift, aber er wird nicht, das ist mir schon bewusst.

Und so ähnlich ist das halt mit den anderen Argumenten aus seinem heutigen Posting (das noch gar nicht erschienen ist, mir aber schon als Mail zugestellt wurde; ob das ein Fehler im System des Standard ist oder ob sie das mit Absicht machen, weiß ich nicht; es ist insofern frustrierend als man ja, wenn das Posting dann wirklich nicht erscheint, keine Möglichkeit hat, zu antworten; außer man schreibt ein Posting mit einer Antwort auf etwas, was außer einem selbst niemand gelesen hat; was auch nicht wirklich die Lösung ist).

Also: Ich hätte weiter behauptet, die Gründung Israels sei die zentrale Ursache für den Nahostkonflikt. Das ist eine subtile, aber perfide Manipulation dessen, was ich wirklich gesagt habe. Ich sagte, dass die Gründung Israels natürlich eine ganz wichtige Ursache des Konflikts sei. Ich habe nie behauptet, es sei die einzige. Dass diese Staatsgründung — und auch schon die Jahrzehnte davor — allerdings wirklich mit teilweise eklatanten Ungerechtigkeiten gegenüber den Palästinensern, mit Enteignungen, Vertreibungen und in Einzelfällen sogarn Massakern einhergingen (man denke an Dir Yassin), das ist halt auch eine Tatsache, selbst wenn’s dem Herrn Wunderlich nicht passt, weil es natürlich seine argumentative Position schwächt. Drum sind das alles einfach „antizionistische Lügen“. So einfach kann man sich die Welt machen. Und er, gerade er, wirft dann anderen ein zu einfaches Weltbild vor. Das ist ein Mechanismus, der im allgemeinen als Projektion bekannt ist.

Was Watzal betrifft, ist für mich das letzte Wort noch nicht gesprochen. Mag schon sein, dass auch der nicht gänzlich objektiv ist. Aber der Israel-Hasser und glühende Antizionist, als den Wunderlich ihn hinstellt, ist er jedenfalls auch nicht. Sonst würde er die Menschenrechtsverletzungen von Palästinensern an Palästinensern nämlich sicher verschweigen. Tut er aber nicht. Und außerdem, was will er denn, der Wunderlich? Ist seine Position denn etwa ausgewogen? Nein. Für ihn besteht die eine Seite, die palästinensische, aus Terroristen, gegen die Israel sich schützen muss, und daher ist alles, was Israel tut, letztlich irgendwie zu rechtfertigen. Und das ist mir nun wahrlich eine zu simple Position, auch wenn er jede Menge emotionale und sonstige Gründe hat, Israel zu verteidigen.

Und dass ich mich auf eine Stufe mit Martin Buber gestellt hätte, ist ja auch schon wieder so eine Unterstellung. Ich habe gesagt, dass Buber ein prominenter Kritiker am zionistischen Vorgehen schon in den Zwanzigerjahren war. Dass Hannah Arendt die zionistische Politik vehement angegriffen hat. (Arendt erwähnt er gar nicht, und zu Buber fällt ihm nur ein, das ich nicht „in dessen Liga spiele“. Hab ich auch nicht behauptet. Ich habe nur gesagt, dass es auch hochrangige jüdische Kritiker des Zionismus gibt, ein Argument, bei dem Wunderlich ausfällig wird, weil ihm dazu kein sachlicher Widerspruch einfällt.

Und da schon wieder ein Posting von ihm per Mail eingetroffen ist, kann ich ja gleich weiterschreiben. Ich beziehe mich auf sein polemisches Gegenargument, dass „Syrien, der Libanon, Jordanien und der Irak das Problem“ wären. Nun, die sind zweifellos problematisch, schon aufgrund der Tatsache, dass in keinem dieser Länder eine funktionierende Demokratie herrscht (die amerikanische Besetzung des Irak, die die Lage weiter kompliziert, sei hier einmal ausgeklammert). Aber man kann, bitteschön, auch nicht übersehen, dass Israel das Resultat einer „Landnahme“ ist, einer Aneignung von Land durch jüdische Einwanderer. Und dieses Land hat zum Großteil eben anderen gehört, die zum Großteil von dort vertrieben wurden. Watzal bringt zahllose Zitate dazu, die klar zeigen, dass die Vertreibung der Palästinenser zum Teil das Ziel der zionistischen Politiker und Militärs, zum Teil zumindest (von manchen wenigstens bedauernd) in Kauf genommen wurde. Womit sich übrigens auch das von zionistischer Seite immer wieder vorgebrachte Argument, Palästina sei vor der jüdischen Einwanderung ein mehr oder weniger unbewohntes Land gewesen, in dem bestenfalls ein paar arabische Nomaden mit Viehherden herumgewandert wären, ad absurdum führt. Wenn da niemand zum Vertreiben gewesen wäre, wieso hätten dann selbst zionistische Politiker von Vertreibungen gesprochen?

Nun ist Israel heute eine Realität im Nahen Osten, und kein vernünftiger Mensch, auch kein vernünftiger Kritiker Israels, wird seine Auflösung verlangen. (Und jene, die eine Auslöschung Israels wünschen, sind eben für mich, entgegen den Vermutungen des Herrn Wunderlich, keine vernünftigen Menschen). Und Israel ist auch die einzige Demokratie in der Region, die diese Bezeichnung verdient, wenn auch eine höchst zerrissene, von Vergangenheit und Gegenwart über Gebühr belastete Gesellschaft. Und das ist kein Vorwurf, das ist eine Feststellung.

Und darum meine ich, eine faire Lösung der Probleme in dieser Region wird nur dann möglich sein, wenn auch jene Ungerechtigkeiten aufgearbeitet werden, die den Palästinensern dort geschehen sind und bis heute geschehen. Das sind berechtigte Anliegen, die nur mit teilweise sehr unberechtigten Mitteln (wie etwa Selbstmordanschlägen gegen die israelische Zivilbevölkerung) vertreten werden. Der Zweck heiligt diese Mittel sicher nicht, aber sie desavouieren meiner Ansicht nach auch den Zweck nicht völlig.

Um diese Dinge zu verstehen, ist es eben notwendig, sich abseits des Mainstream der Medien zu informieren. Auch wenn es schwierig ist, aber man muss eben beide Seiten hören bzw. lesen, um sich nach und nach ein eigenes Bild zu machen. Und mein Bild hat sich eben vor allem in den letzten Jahren doch erheblich gewandelt. Ohne dass ich wirklich meine noch aus meiner Jugend stammende emotionale Nähe zu allem, was jüdisch ist, verloren hätte. Deswegen tut’s mir doppelt, drei- und vierfach weh, wenn ein Wunderlich daherkommt, der mich nicht kennt, und mich einen Antisemiten nennt. Deswegen tut’s mir fünffach weh, einsehen zu müssen, dass es auch Unrecht (und schweres Unrecht) gibt, das anderen durch Israel und seine Vorväter zugefügt wird bzw. wurde.

Aber gerade von jüdischen Vorbildern, die ich hatte und habe (nicht zuletzt von Karl Kraus und Friedrich Torberg), habe ich gelernt, dass auch „Philosemitismus“ ein Unsinn ist, weil er eigentlich einen wie ein Handschuh umgedrehten Antisemitismus darstellt.

Und am Schluss gebe ich also eines zu: Ich habe mir in meiner impulsiven Art wahrscheinlich zu wenig überlegt, dass meine Motivation in so einem Standard-Posting, aufgrund mangelnder Kenntnis meiner Person, leicht kolossal missverstanden werden könnte. Deshalb tut mir dieses Haber-Posting auch leid. Nicht wegen der Person des Fritz Haber, die ich verachte. Auch nicht wegen der Herren Wunderlich und Pipifax, die nicht meine Freunde sind und die mit einer merkwürdigen Hartnäckigkeit darauf bestehen, in mir einen Feind zu sehen, der ich nicht bin. Es tut mir einfach nur deshalb leid, weil ich großen Wert darauf lege, in keinerlei Nähe zu irgendwelchem Antisemitismus gebracht zu werden und weil es ja immerhin sein könnte, dass diese Postings, bevor sie gelöscht wurden, noch wer anderer außer Wunderlich und Pipifax gelesen hat, jemand der mich auch missverstanden hat und sich deshalb gekränkt oder beleidigt fühlte. Und DAS wollte ich nicht. Ich entschuldige mich daher quasi vor dem Denkmal des unbekannten Juden oder vor jedem beliebigen Holocaust-Mahnmal. Jederzeit. Aber nicht vor Wunderlich und Pipifax. Das denn doch nicht.

Und es geht munter weiter – eine Replik an Pipifax

Schon interessant. Der wunderliche Fritz schweigt, während der Pipifax weiterpostet. Ich werde den Verdacht nicht los, dass das ein und derselbe Mensch ist. Oder kann es wirklich zwei geben, die so ähnlich, stur und aggressiv argumentieren?

Aber gut, was sagt er denn (ich fasse hier die beiden Postings von gestern zusammen, da sie ja fortlaufend geschrieben sind; immerhin war er so intelligent, den zweiten vor dem ersten abzuschicken, damit man es von oben nach unten lesen kann; Orthographie und Kleinschreibung naturbelassen):

oje, ich soll sie gepruegelt haben? wenn sie erklaerungen, warum man etwas durchaus als anlehnen an antisemitische strategien verstehen kann, als „pruegel“ empfinden, dann sind sie allerdings etwas gar empfindlich. sie haben im uebrigen auf solche argumente in ihren texten *gar* nicht reagiert … vielleicht nicht ganz zufaellig. lieber stellen sie sich als armes opfer dar, obwohl sie a) tatsachen verdreht haben; b) selbst nach dem nachweis, das dies der fall war, auch weiterhin der betreffenden person ein naheverhaeltnis zum tatsaechlichen entwickler unterstellt haben, c) nicht den unterschied zwischen der (moralisch durchaus verwerflichen) entwicklung von chemischen substanzen, die auch zur vernichtung von menschen dienen koennen und der ideologisch-wissenschaftlichen unterfuetterung von eugenisch und rassistisch motiviertem massenmord unterscheiden koennen.
darueber verlieren sie kein wort. ueberfordert sie dies intellektuell?
bieten in ihrem blog ausser empoerung recht wenig inhaltliches. und merken nicht einmal, dass sie wieder rhetorische strategien anwenden, die typisch fuer bestimmte lager sind (etwa: „zu meinen besten freunden zaehlen …,“
ein wenig selbstreflexion wuerde nicht schaden. und sich nicht so wichtig nehmen … v.a. wenn’s ums standard-forum geht.

Also, schön der Reihe nach. Zu den „Erklärungen, warum man etwas durchaus als Anlehnen an antisemitische Strategien verstehen kann“ möchte ich zunächst einmal bemerken, dass diese Erklärungen eben nicht als Erklärungen daherkamen, sondern als massive Denunziation meiner Person als Antisemit, Rechtsradikaler und Revisionist.

Darüber hinaus ist es ja nicht wahr, dass ich auf dieses Argument nicht reagiert hätte. Ich bin der LETZTE, der irgendeiner rechtsradikalen, holocaustleugnenden oder auch nur -relativierenden Argumentation das Wort redet oder sie stützt. Ich gebe auch zu, dass ich den Fehler zu behaupten, Fritz Haber wäre direkt der Entwickler von Zyklon B gewesen, nicht hätte machen sollen. Das ist allerdings bei Fehlern meistens so. Man hat mich darauf aufmerksam gemacht, ich habe das widerrufen, nur ist dieser Widerruf mitsamt allem anderen (inklusive meinem damaligen Postingnamen „jemenfous“) gelöscht worden. Aufgrund der Intervention der Herren Wunderlich oder Pipifax, die sich damit nicht unbedingt einen Dienst erwiesen haben, denn die Aufklärung dieser Missverständnisse hätte durchaus auch im Standard-Forum selbst erfolgen können.

Was mich beim Herrn Pipifax und seiner Argumentation allerdings massiv stört, ist der ständige, wenn jetzt auch etwas subtiler formulierte Vorwurf des Antisemitismus. Wenn er schreibt, ich hätte „auf solche Argumente“ in meinen Texten „*gar* nicht reagiert“, so ist das unzutreffend. Und wenn er mir dann unterstellt, das sei also „vielleicht nicht ganz zufällig“ geschehen, so unterstellt er mir weiterhin massiven Antisemitismus, nur quasi durch die Hintertür. Ich bin natürlich auf diese Argumente eingegangen, schon in meinem Brief an den Standard, der auch hier veröffentlicht ist (und der bisher völlig unbeantwortet blieb, noch nicht einmal eine Lesebestätigung hab ich bekommen), aber ich werde es, speziell für Pipifax und andere, die Wert darauf legen, mich in die Antisemitenlade zu legen, noch deutlicher sagen.

Zunächst einmal die „Verdrehung der Tatsachen“: Ich habe jetzt wohl schon mindestens zehnmal, hier sowie in Postings, die allerdings leider nicht lang gelebt haben, gesagt, dass mir die Behauptung, Fritz Haber hätte das Zyklon B erfunden, leidtut. Und sie tut mir vor allem (oder fast ausschließlich) deshalb leid, weil sie, wie der Pipifax allerdings mit einem gewissen Recht bemerkt, dazu geeignet erschien, antisemitischen Stereotypien Vorschub zu leisten. Ich habe auch schon erwähnt, dass mir zum Zeitpunkt meiner ersten Postings dieser spezielle, sich auf Fritz Haber und Zyklon B beziehende antisemitische Topos nicht bekannt war. Ein Versäumnis, vielleicht. Gut, ich denke, dieser Punkt sollte nun hinlänglich geklärt sein.

Beim nächsten Punkt wird’s allerdings schon schwieriger. Dort argumentiert der Pipifax nämlich, ich hätte „auch nach dem Nachweis, dass dies [also die irrtümliche Zuschreibung des Zyklon B zu Haber] der Fall war, auch weiterhin der betreffenden Person [Fritz Haber] ein Naheverhältnis zum tatsächlichen Entwickler [von Zyklon B, also Walter Heerdt] unterstellt“ (Einfügungen in eckigen Klammern von mir, nur zur Erläuterung). Also, ich glaub nicht, dass das eine großartige Unterstellung war. Pipifax macht nämlich hier einen Fehler, er bezieht sich auf die tatsächlich vorliegenden antisemitischen Klischees anstatt auf mein Posting und meine Intention. Er argumentiert nämlich, dass jede Behauptung, die Fritz Haber auch nur in irgendein Nahverhältnis zur Entwicklung von Zyklon B stellt, falsch und antisemitisch wäre. Und das ist ein Unsinn, möglicherweise sogar ein bewusst und tendenziös verwendeter Unsinn. Und zwar aus einem einfachen Grund: Pipifax tut so, als wäre Zyklon B immer schon zu nichts anderem bestimmt gewesen als zu seinem — fürchterlichen und ewig unverzeihlichen — Einsatz in den Vernichtungslagern der Nazis.
Aber Zyklon B wurde ja in Friedenszeiten zu einem ganz anderen Zweck entwickelt, nämlich als Schädlingsbekämpfungsmittel. Und Walter Heerdt, der Entwickler, war zunächst ein Mitarbeiter Fritz Habers, bis er 1920 die Leitung der DEGESCH, der „Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“, von Haber übernahm. Und das soll KEIN Nahverhältnis gewesen sein? Es war Habers Arbeitsgruppe, die zunächst das Zyklon A entwickelte, mit dem es allerdings technische Probleme gab, und dann — nach Bewältigung dieser Probleme — das Zyklon B. Das Patent wurde Heerdt zwar erst 1926 erteilt, aber rückwirkend für 1922, also nur zwei Jahre nachdem er die DEGESCH-Leitung von Haber übernommen hatte. Und die Bemerkung, es sei verwerflich, Haber ein „Naheverhältnis“ zu Heerdt und seiner Arbeit zu unterstellen, mutet angesichts der Biographie Habers, die ich schon an anderer Stelle ausführlicher dargestellt habe, doch seltsam an.
Was hätte denn der Chemiker und Kampfgasentwickler (Phosgen, Chlorgas) Haber, der bis an sein Lebensende von der Rechtmäßigkeit der Verwendung der von ihm entwickelten Gase überzeugt war, gegen Zyklon B als Schädlingsbekämpfungsmittel haben sollen, zumal es von einem seiner Mitarbeiter entwickelt wurde? Und ich bleibe im übrigen bei meiner Einschätzung, dass Haber aufgrund dieser Haltung und seiner Handlungen im Ersten Weltkrieg als Kriegsverbrecher einzustufen ist. Und er ist bis an sein Lebensende, 1934, nicht von dieser Haltung abgerückt.

Das führt mich schon zum Punkt c) im Pipifax-Posting, wo er schreibt, das es durchaus moralisch verwerflich sei, chemische Substanzen zu entwickeln, die auch, wie er sagt, zur Vernichtung von Menschen dienen können. Nur übersieht er dabei, dass Haber selbst die von ihm entwickelten chemischen Substanzen primär zu dem Zweck, Menschen zu vernichten, entwickelt hat. Noch einmal: im und für den Ersten Weltkrieg, ja, aber doch als Waffen und primär nicht zu einem friedlichen Zweck. Ich denke, dass die DEGESCH ja letztlich auch deshalb gegründet wurde, weil man dann eben für das noch aus dem Krieg vorhandene Know-How eine nicht-kriegerische Anwendung gesucht und gefunden hat.

Und wenn man alle diese Tatsachen zusammennimmt, dann muss man sich doch fragen, ob es nicht berechtigt ist, in der Tatsache eine bittere Ironie der Geschichte zu sehen, dass Zyklon B, ein von einem ehemaligen Mitarbeiter Fritz Habers entwickeltes Gas, Jahre später zur Massenvernichtung von Menschen eingesetzt wurde. Und nur zur Erklärung, was ich mit bitterer Ironie meine: Ich meine — bitter. In dieser Aussage ist nicht ein Funken Schadenfreude, ist nicht der mindeste Anklang einer Haltung, die da lauten könnte „Die Juden haben das Zyklon B selbst erfunden“ oder dergleichen rechtsextrem-antisemitischer Schwachsinn mehr. Alles, was ich damit ausdrücken wollte, war Trauer, Trauer über die Tatsache, dass letztlich auch hier ein „Versagen von Wissenschaftlern“ zu grauenhaften Resultaten geführt hat. Das können mir Pipifax und Wunderlich nun glauben oder nicht glauben. Es kommt mir nicht drauf an, einzelne Personen zu überzeugen, aber ich lasse mir nicht Motive unterstellen, die ich nicht habe, nie hatte und nie haben werde.

Nun komme ich zu der nächsten Unterstellung, nämlich, dass ich nicht unterscheiden könnte zwischen der „Entwicklung chemischer Substanzen, die auch zur Vernichtung von Menschen dienen können, und der ideologisch-wissenschaftlichen Unterfütterung von eugenisch und rassistisch motiviertem Massenmord“. Glaubt der das wirklich, der Pipifax? Unterstellt er mir, nachdem er das alles, was ich hier schreibe, gelesen hat (und wenn nicht, erreicht ihn diese Frage ja ohnehin nicht), ernsthaft, ich könnte diese beiden Dinge nicht unterscheiden?

Er verkennt, dass ich von Anfang an klar gemacht habe, wieso ich diese Fritz Haber/Kampfgas/Walter Heerdt/Zyklon B-Geschichte überhaupt gerade bei diesem Artikel gepostet habe. Einfach aus assoziativen Gründen, weil mir der Begriff „Versagen von Wissenschaftlern“ in dem Artikel auffiel und, wie ich schon in den Postings sagte, mir dazu ein anderes Versagen anderer Wissenschaftler einfällt. Der Begriff der Assoziation dürfte auch Pipifax geläufig sein. Woher dann also die Unterstellung, ich könnte zwischen diesen beiden Themen nicht unterscheiden?

Andererseits sind sie aber auch gar nicht so verschieden. Worum geht’s denn dabei? Es geht in beiden Fällen darum, dass Wissenschaftler (ob’s nun Biologen, Chemiker, Physiker oder was auch immer sind) sich von totalitären Regimen missbrauchen lassen. Natürlich ist es nicht dassselbe, ob man als Wissenschaftler (pseudowissenschaftliche) Argumente für eine verbrecherische Praxis (die Ermordung von Menschen mit Behinderung unter dem Titel „Vernichtung lebensunwerten Lebens“) liefert oder ob man mit (tatsächlich) wissenschaftlichen Methoden direkt ein Vernichtungsmittel herstellt. Oder ein potentielles Vernichtungsmittel, wie im Fall des Zyklon B, das eben ursprünglich zum Zweck der Schädlingsbekämpfung entwickelt wurde.

Mir ist schon klar, dass die Frage, ob mich diese Unterscheidung intellektuell überfordere, einfach nur dem Zweck der Polemik dient. Andererseits, vielleicht hält er mich ja wirklich für so blöd, der Pipifax. Dann kann ich ihm aber auch nicht helfen.

Dann ist da am Ende noch die Sache mit der „für bestimmte Lager typischen rhetorischen Strategie“. Da meint er die Tatsache, dass ich mir erlaubt habe, meine Freundschaft zu einer Reihe von Juden zu erwähnen und zwei Namen zu nennen. Dass ich mir erlaubt habe, auf die Tatsache hinzuweisen, dass ich aufgrund meiner Biographie ein eher unwahrscheinlicher Kandidat für das Label „Antisemit“ bin. Und jetzt wird er lachen, der Pipi. Er hat nämlich in diesem einen Punkt sogar ein bissel recht. Es war mir tatsächlich nicht sonderlich wohl dabei, das hinzuschreiben. Nicht weil ich glaube, dass mir meine jüdischen Freunde bös wären, die kennen mich nun wahrlich lang genug. Aber der Pipi hat recht, sowas sagen AUCH Leute, die tatsächlich Antisemiten sind. Die sagen auch Sachen wie: „Ja, wenn ALLE Juden so wären wie SIE!“. Aber das sag ich eben nicht. Ich wollte lediglich meine jüdischen Freunde quasi als Zeugen anrufen, aber sowas soll man nicht tun. Gut, ein Punkt (und eigentlich der einzige) für den Pipifax.

Zu guter Letzt wirft mir dieser Unbedarfte einen Mangel an Selbstreflexion vor. Ha! Wozu, glaubt er, schreib ich denn diesen Blog? Wozu schreibe ich alles, was ich sonst schreibe? Aber was soll’s: Der Mensch kennt mich nicht, weiß nichts von mir, hält sich aber für berechtigt, mir dies und das zu unterstellen. Zu Unrecht.

Und damit zurück ins Studio.

46 Jahre

Es mag ja banal klingen, aber ich mache mir Gedanken über den Rest meines Lebens, und das hat vielleicht auch damit zu tun, dass sich morgen schon wieder ein Lebensjahr vollendet: Ich werde 46.

Und aus diesem Grund blogge ich jetzt so vor mich hin. Ich glaube ja nicht, dass so ein Blog wirklich gelesen wird, denn es gibt derartig viele davon (und die meisten sind blökender Schwachsinn), dass es ja reiner Zufall sein müsste, wenn man gerade auf meinen stoßen würde. Zufall, oder eben eine Kombination von Schlüsselwörtern, die jemand in eine Suchmaschine eingibt, nachdem die Crawler einmal drübergekrochen sind, über meine Beiträge.

Da mich niemand zwingen kann, hier systematisch vorzugehen, springe ich jetzt ein wenig von einem Gedanken zum anderen. Ein — wenn nicht DAS — Leitmotiv dieses Blogs ist unabhängiges Denken, also etwas, wofür man anderswo eher bestraft als belohnt wird.

Mit der Zeit beginnt man zu bemerken, wie viele Menschen ein mehr oder weniger offensichtliches Kastel in ihrem Hirn haben. Und die Dinge, die in diesem Kastel (es können auch mehrere sein) liegen, die gehören dorthin, die werden nicht hinterfragt, die liegen an ihrem Platz wie das Besteck und der Dosenöffner in der Küchenlade. Ab und zu nimmt man sie vielleicht heraus, dann werden sie abgewaschen und wieder hineingestellt. Aber ob sie überhaupt in diese Lade gehören und ob man diese Lade eigentlich haben muss, das wird schon aus Bequemlichkeit nicht gefragt.

Ich will die Metapher nicht überstrapazieren. Aber ich nenne Beispiele: Ein Beispiel, das mir sehr am Herzen liegt, ist das Thema Demokratie versus Totalitarismus. Dazu gibt es, als eine Art Überblicksinformation, einen ganz guten Artikel in der deutschen Wikipedia:

Zum Artikel hier klicken

Ich meine, dass die Kritik an der Gleichsetzung von Stalinismus und Nationalsozialismus in ihrem Kern substanzlos und daher wertlos ist. Ich halte es da ganz mit Hannah Arendt, die Nationalsozialismus und Stalinismus als „Variationen des gleichen Modells“ bezeichnet, ich meine: völlig zurecht.

Das Problem ist nur, dass die ja schon seit den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts massiv in den Westen dringende und sehr bewusst gesteuerte kommunistische Propaganda sich offenbar tief in die Hirne ganzer Generationen von westlichen Intellektuellen (und solchen, die es werden wollen) gegraben hat. Und das führt bis heute dazu, dass den meisten dieser Leute unmittelbar klar ist, dass der Nazistaat böse war und dass man alles tun muss, um das neuerliche Vordringen rechtsextremer Kräfte hierzulande und überhaupt zu verhindern. So weit einverstanden.

Was diesen Leuten hingegen nicht bewusst und überhaupt nicht klar ist: dass der Sowjetstaat genauso böse war. Wenn ich etwa lese, dass zwischen 1928 und 1937 unter Stalin mehr als 10 Millionen Menschen, die sogenannten Kulaken (das waren de facto Leute, die ein paar Kühe, Pferde oder Schafe besaßen), entweder gleich ermordet oder in die Gulags deportiert wurden, dann frage ich mich wirklich, inwiefern das auf einer höheren moralischen Stufe stehen soll als der Holocaust. (Für jene, die was nachschlagen wollen, seien die Wikipedia-Artikel zu den Begriffen Demozid und Holodomor empfohlen, einfach draufklicken.)

Damit will ich nicht zu den Leuten gehören, die versuchen, den Holocaust, den systematischen, industriellen Mord an sechs Millionen Menschen (bekanntlich vor allem Juden, aber in geringerer Zahl z.B. auch Sinti und Roma) in irgendeiner Weise zu relativieren. Das ist ja eine beliebte Strategie, die von allen möglichen Seiten (und im Falle des Holocaust natürlich in erster Linie von Rechtsradikalen, Neonazis und derlei Gelichter) gepflogen wird: Wenn es da also heißt, die Deutschen haben unter der Naziherrschaft die Juden vernichtet, dann kommt man mit dem Argument: „Ja, aber Stalin war ja auch böse!“ Das nenne ich Aufrechnen von Opfern, eine Vorgangsweise, die ich striktest ablehne.

Das kann allerdings nicht bedeuten, dass es im Umkehrschluss nicht erlaubt wäre, über die Opfer Stalins zu sprechen. Nur aufrechnen soll man nicht. (Es ist letztlich auch nichts damit gewonnen, wenn man darauf hinweist, dass dem stalinistischen Morden deutlich mehr Menschen zum Opfer gefallen sind als dem Holocaust.) Man sollte vielmehr daraus nur einen Schluss ziehen: dass jegliche Diktatur, und schon erst recht jegliche totalitäre Diktatur (nicht jede Diktatur ist totalitär, aber jede Diktatur ist abzulehnen, weil sie jedenfalls ein Unrechtssystem darstellt und außerdem im Prinzip jederzeit totalitär werden kann) mit gleicher Vehemenz abzulehnen ist. Das ist kein Aufrechnen, das ist auch kein Vermischen von Begriffen, aber ich meine doch, für das einzelne Opfer war es ziemlich egal, ob es in Auschwitz oder im Gulag zu Tode kam oder ob es von der Gestapo oder vom KGB gefoltert wurde. Bzw. im Namen der Rasse oder im Namen der Klasse.

Man kann übrigens auch ohne langes Studium von verschiedenen Theorien des Totalitarismus einen einfachen Schluss ziehen: sowohl Nationalsozialismus als auch Kommunismus/Stalinismus wollen eine „neue Gesellschaft“ und als deren Grundlage einen „neuen Menschen“ schaffen. Das ist bekanntlich unmöglich. Es mag möglich sein, die Gesellschaft langsam zu verändern, aber der Fehler den beide Ideologien machen, ist, die menschliche Natur zu verkennen oder zu verleugnen. Menschen können auf die Dauer unter keinem Führer glücklich werden, ob rot oder braun, ob Hitler oder Stalin. Und „neue Menschen“ sind leider allzu oft nur das, was von den „alten Menschen“ nach Jahren von Folter, Mord, Unterdrückung und Versklavung übrigbleibt.

Aber viele, viele hier in westlichen Ländern sind auf einem Auge blind. Sie sehen den Naziterror, aber sie sehen den kommunistischen Terror nicht. Sie denken an Auschwitz, aber sie denken nicht an Pol Pot. Sie denken z.B. auch nicht an Tibet, in dem bis heute Arbeits- und Folterlager existieren, in dem mindestens eine Million Menschen umgebracht und mindestens genau so viele versklavt wurden seit der völkerrechtswidrigen Annexion Tibets durch die chinesisch-kommunistische Armee.

Nein, das alles sehen Sie nicht, was Sie sehen ist nur das böse Amerika, ist nur Guantanamo, ist nur Dablju Bush, ist nur Abu Ghraib, ist nur der Irak und Afghanistan. Ich gebe gern zu, dass auch die Analyse dessen, was die USA falsch machen (und gemacht haben), ein durchaus lohnendes Unterfangen wäre. Aber eines möchte ich doch schon an dieser Stelle festhalten: Die USA sind eine Demokratie und keine Diktatur, schon gar keine totalitäre. Auch hier höre ich die Linksverbinder schon aufschreien: von Mord und Totschlag, den die Amis über diverse Länder gebracht haben, von den vielen Toten, die der Kapitalismus angeblich oder wirklich verursacht hat und weiter verursacht, und so weiter halt.

Wobei das ja nicht alles falsch ist. Wollte ich das behaupten, so wäre ich ja um nichts besser als jene Kastldenker, die ich am Anfang dieses Eintrags — aus Überzeugung! — verunglimpft habe. Aber man kann nun einmal nicht leugnen, dass die USA eine Demokratie sind, eine seltsame vielleicht, aber eben doch eine Demokratie. Das zeigt sich unter anderem darin, dass der grausliche Dablju im nächsten Jänner endgültig Geschichte sein wird, ob er will oder nicht. Von Fidel Castro kann man das nicht behaupten…

Und so schließt sich denn der Kreis: Die Feinde meiner Feinde sind, eben nicht notwendigerweise meine Freunde. Differenzierung tut not, aber ebenso not tut klare Sicht und klares Aussprechen von Fakten, die gerade in Westeuropa durch anhaltende Propagandavernebelung vieler Gehirne immer noch verdreht oder verleugnet werden.

Und so ist denn, während ich diesen Satz schreibe, gerade Mitternacht, und somit beginnt mein Geburtstag, und ich bin 46. Das allein war doch vielleicht diese Abhandlung wert.